Weißenburger Tagblatt vom 23.01.2012 (Maurer)
Weissenburg – Schneller, kompakter, mitreißender. Die Karnevalsgesellschaft (KaGe) Ellingen hat ihr Programm entschlackt. Herausgekommen ist eine wilde Jagd durch viele Höhepunkte. Vier Stunden dauerte das Spektakel am Samstagabend auf der Bühne in der Karmeliterkirche – zu diesem Zeitpunkt hatten sich in der Vergangenheit oft noch nicht einmal die Schautänzer warm gemacht.
Es gab am Anfang keinen Einzug der Aktiven. Die zähe Ordensverleihung wurde massiv gekürzt – die wohl von manch (männlichem) Geehrten gefürchtete Tanzrunde beispielsweise wurde ersatzlos gestrichen. Selbst Quasselstrippe Alex Höhn, der als Präsident wieder durch das Programm führte, hielt sich angenehm zurück und lieferte eine knackige Moderation. Einzig die Entscheidung der KaGe-Verantwortlichen, in Weißenburg den Schautanz der Elferratsfrauen aus dem Programm zu nehmen, mag mancher Ballbesucher bedauert haben.
Der Show hat die höhere Taktung gut getan. Das Bühnengeschehen stand dadurch ganz im Mittelpunkt. Nachteil für den Verein: So mancher Barbesuch geriet wohl kürzer oder entfiel ganz – zumindest solange die Aufführungen liefen. Doch dafür blieb schließlich hinterher mehr Zeit . . .
Beim Weißenburger Ball der KaGe spielt die Politik eine wichtige Rolle. Oberbürgermeister Jürgen Schröppel wurde wegen des China-Granits, der wohl auf dem Weißenburger Marktplatz verlegt werden wird, mit chinesischem Hut und Mantel ausstaffiert. „Da haben wir den G354“, alberte Höhn in Anspielung auf die Bezeichnung des Steins. „Und da haben wir R2D2“, schob er hinterher und grinste Neu-Landrat Gerhard Wägemann an. Angesichts der drohenden Verschuldung des Landkreises bot Höhn dem Landrat die Telefonnummer von Bundespräsident Christian Wulff an: „Der weiß, wie man an billige Kredite kommt.“ Die beiden Politprofis bewiesen ihrerseits Entertainerqualitäten und erzählten locker Witze.
„Das Mausoleum fehlt“
Ein besonderes Schmankerl des Weißenburger KaGe-Balls ist die Büttenrede. Uschi Dormeyer, Wolfgang Freyberg, Klaus Wagner und Alexander Gun haben ihre Figuren Venus, Hermes, Thor und Bacchus aus dem vergangenen Jahr weiter entwickelt und ätzten wieder über die Weißenburger Stadtpolitik. Wegen des roten Pflasters, das für den Marktplatz vorgesehen ist, lästerten sie, dass das dann wohl eher wie der rote Platz in Moskau aussieht. „Fehlt bloß das Mausoleum.“
Die Vier ließen kaum ein Thema aus, das in den vergangenen zwölf Monaten Wellen geschlagen hatte. Die Landratswahl, das geplante Krematorium, der Bahnhof. Warum will die Stadt den eigentlich unbedingt haben? „Das ist ein Kindheitstraum vom Jürgen. Da zieht er seine Bahnereruniform an, stellt sich raus und lässt jede Stunde einen fahren – einen Zug natürlich.“ Das Café im Bahnhof könnte nach Meinung der Narren „Günter der Verstoßene“ betreiben – der abgewählte SPD-Stadtratsfraktionsvorsitzende Günter Kreißl war zum ersten Mal seit Jahren nicht auf dem KaGe-Ball. Deswegen hatte vorher auch schon Präsident Höhn gewitzelt: „Der sitzt mit Reinhard Schwirzer in Niederhofen im Keller und da erzählen sie sich gegenseitig Witze.“
Die Bütt hatte zwar kleinere Längen, doch ist sie bissiger geworden. Das Konzept passt. Daraus lässt sich die nächsten Jahre einiges machen.
Was die Tanzaufführungen angeht, sind die Ellinger seit Jahren im weiten Umkreis das Maß der Dinge. Das beginnt bei der Kindergarde (Trainerinnen: Andrea Stretz, Anna-Lena Schmidt, Nicole Beißer), die zu einem Operetten-Medley über die Bühne fegte. Die eigentliche Prinzengarde (Claudia Stretz, Maria Hitschfel) setzte noch eins drauf und begeisterte mit einem temporeichen Schlagermedley.
Rasante Tänze
Gleich drei Tanzmariechen (alle drei trainiert von Nadja Grossmann, Eva Sand und Regina Berthold) bot die KaGe in Weißenburg auf: Franziska Gebhardt, Antonia Lastinger und Marie Schmidt wirbelten nur so über die Bühne: Saltos, Spagate und Sprünge, dass einem beim Zuschauen schwindlig wurde.
Der Jugendschautanz (Trainerinnen: Jessica Morgott, Caroline Rabus) hatte mit rockig-poppigen Klängen sehr gelungen das Thema „Schule“ in Schritte und Posen umgesetzt. Als Auftaktnummer sorgten die jungen Tänzer dafür, dass der Funke gleich mit dem Start ins Programm auf das Publikum übersprang.
Der eigentliche Schautanz hat in diesem Jahr den sechs Jahre alten Tanzfilm „Step up“ auf die Bühne gebracht. Der Film selbst zählt zwar nicht zu den originellsten, doch musikalisch hat er einiges zu bieten. Die Trainer Katharina Schneider und Siggi Stöbich jun. (sie tanzten auch die Hauptrollen) verdichteten die Story und packten sie in eine rasante Choreographie, die sie mit ihrer jungen Truppe auf die Bühne brachten. Der Generationenwechsel bei der KaGe ist auch beim Schautanz ohne Reibungsverluste abgelaufen. Einmal mehr erwiesen sich die Kostüme als echter Augenschmaus: Katharina Magg (sie zeichnete auch für die
Jugendschautanz- und die Elferrats-Kostüme verantwortlich), Tina Zwanzger und Vroni Kattinger hatten mehr als ganze Arbeit geleistet.
Den optischen Schlusspunkt setzten trotz Programmumstellungen einmal mehr die Elferräte. Sie ließen als Elvis, Beatles oder Easy Rider die 60er-Jahre aufleben. Die herrlichen Kostüme und die faszinierenden Requisiten lenkten dabei geschickt von manch asynchroner Tanzeinlage ab – wobei sich die Männer diesmal mächtig anstrengten und eine tolle Leistung boten. Sie wollten wohl den Trainerinnen Monika Weck und Rebecca Kunzelmann keine Schande machen. Schließlich ist Letztere in diesem Jahr Faschingsprinzessin Rebecca I. Ihr zur Seite steht Ehemann Peter V.
Das Prinzenpaar hat sich beim Musizieren kennengelernt, was sich im diesjährigen Faschingsorden (Design: Peter Weck) widerspiegelt und auch Niederschlag im Programm fand. Zum einen sangen die beiden ihre Begrüßung, zum anderen brachte die Prinzessin als Traum in Rot Barry Manilows „Copacabana“ in einer gelungenen Version auf die Bühne. Unterstützung haben die beiden vom Kinderprinzenpaar Xenia I. (Attmannspacher) und Adrian I. (Mehrer) sowie vom Hofstaat mit Vize-Präsident Florian Stretz, Hofmarschall Werner August Knoll, Vize-Hofmarschall Wolfgang Freyberg, Hofdame Dagmar Morgott und Till Yvonne Kahn. Dass der KaGe-Ball in Weißenburg auch musikalisch nichts zu wünschen übrig ließ, dafür sorgte die Band Blitzlicht.