WEISSENBURG (rr) – Man kann den Darbietungen der Karnevals-Gesellschaft (KaGe) Ellingen mittlerweile getrost professionellen Charakter bescheinigen. Hatten die Öllinger Narren in den vergangenen Jahren bei den Wortbeiträgen in ihrem Programm mitunter Schwächen, so setzten sie gerade in diesem Bereich bei ihrem Festball im Autohaus Bierschneider in Weißenburg neue Akzente. Was aber nicht heißen soll, dass die Qualität der Tanzeinlagen gelitten hätte.
Das rund sechsstündige Programm wurde vom Publikum begeistert aufgenommen und ließ erahnen, welch immenser Trainings- und Vorbereitungsaufwand dahinter steckte. Der Ball war schon seit Wochen ausverkauft. Eingefunden hatten sich auch zahlreiche Vertreter aus der heimischen Wirtschaft und der Lokalpoltik, darunter Landtagsabgeordneter Gerhard Wägemann (CSU) und SPD-Stadtrat Günter Kreißl. Da die KaGe nun verstärkt darauf setzt, ihr Publikum ins Programm einzubinden, waren die beiden schwergewichtigen Politakteure nicht nur mehrfach Ziele verbaler Späße, sondern durften – sehr zur Erheiterung – des Publikums auch ihre tänzerischen Fähigkeiten unter Beweis stellen. Und zwar als Begleiter der beiden Tanzmariechen Anna-Lena und Marie Schmidt.
Limbo-Wettbewerb
Die wirbelten nur so über das Parkett und Wägemann und Kreißl sollten die Figuren der beiden nachtanzen, was freilich nur ansatzweise gelang. Ähnlich tänzerisch begabt zeigte sich CSU-Stadträtin Karin Drescher beim Limbo-Wettbewerb, der an den Schautanz der Elferräte unter dem Motto „Südsee-Werbung“ angehängt war. Ihr Konkurrent war ihr bestens vertraut: Wolfgang Freyberg, christozialer Häuptling in Weißenburg und bekanntlich Vize-Hofmarschall der KaGe. Das Ergebnis der gemeinschaftlichen Turnübungen: Ein glattes Unentschieden. Doch nicht nur derartige Einlagen begeisterten das Publikum, vor allem der Vortrag unter dem Titel „Max und Moritz“ erhielt langen Applaus. Alexander Höhn, Michaela Hartmann, Bettina Gun, Alexander Gun, Michaela Zeiler und Detlev Beckler nahmen gekonnt politische Geschehnisse des vergangenen Jahres aufs Korn. Getextet hatte das Sextett in wochenlanger Arbeit selbst. Perfekt ergänzt wurden sie bei ihren Gesangseinlagen von der Band „One and Six“ unter Leitung von Herbert Tutsch, mit der die KaGe seit Jahren zusammenarbeitet und die auch für erstklassige Tanzmusik beim Festball sorgte.
„Hinterbänkler Wägemann“
Doch zurück zu „Max und Moritz“: Als Figuren aus Grimms Märchen schlugen die sechs Akteure einen Bogen von der Bundes- über die Landes- bis zur Kommunalpolitik. Das Zaudern von Bayerns Ministerpräsident Edmund Stoiber bei der Entscheidung um den Posten des Bundeswirtschaftsminister fand sich ebenso wieder, wie die daraufhin durch viele Medien gereichte Kritik an Stoiber durch Gerhard Wägemann. Für ihn dichteten die Ellinger Narren: „Der Stoiber ging Dir durch den Magen, Du wolltest ihm die Meinung sagen. Ne eigne Meinung will er ham, der Hinterbänkler Wägemann. Wir sagen Dir ganz ungeniert: Solche werden aussortiert. Per Anordnung von ganz oben, auf niedre Posten abgeschoben. Höchstens Landrat wird man dann – wahrlich nicht viel, doch vielleicht ist gerade das dein Ziel.“ Zündende Gags lieferten auch Hannah Feuchtenberger, Claudia Wagner und Jessica Morgott in der Bütt mit dem Titel „Im Pausenhof“. Zuvor schon hatten das Prinzenpaar Kerstin I. und Stefan II., das Kinderprinzenpaar Franziska I. und Leonhard I., die Kindergarde und die Prinzengarde ihre viel beklatschten Auftritte. Und unter dem Motto „Die Jugend von heute“ tanzte die mit 48 Akteuren derzeit größte Gruppe der KaGe, der Jugendschautanz. Zu sehen waren ferner der Frauenschautanz „Sechskampf der Amazonen“ und der optische Höhepunkt des Abends: der Schautanz mit dem Titel „Night Club 85“. Bekanntlich hatte Michaela Hartmann, die über viel Jahre hinweg die Truppe trainiert und geprägt hatte, nach der vergangenen Saison ihren Job abgegeben. Katharina Magg und Florian Stretz wagten es, in ihre Fußspuren zu treten. Sie schrieben das neue Stück selbst und entwarfen die Choreografie. Was die Formation unter ihrer Leitung zu Musik aus den 1980er-Jahren auf die Bühne bringt, kann sich wirklich sehen lassen. Alles in allem also ein rundum gelunger Abend, bei dem Ordensverleihungen natürlich ebenso wenig fehlen durften, wie Tanzrunden. Bis vier Uhr am Sonntagmorgen spielte hernach die Band „One and Six“ noch auf und die Ballgäste konnten, bewirtet vom Araunerskeller-Team, ausgiebig feiern.
Weißenburger Tagblatt vom 23.01.2006
Robert Renner