Närrischer Programm-Marathon

Weißenburger Tagblatt vom 12.01.2009 (Katja Kölbl)

Närrischer Programm-Marathon Gleich zu Beginn dieses Artikels muss ein Bekenntnis stehen: Diese Zeilen sind hemmungslos subjektiv. Denn nach dem Besuch der Inthronisation der Ellinger KG im vergangenen Jahr war ich so begeistert, dass ich mich der Frauenschautanzgruppe angeschlossen habe. So ist die Journalistin flugs zur Tanzmaus mutiert. Und war bei der Inthronisation 2009 auch auf der Bühne mit dabei.

ELLINGEN – «Mädels, konzentriert Euch!» Diesen Satz haben am Abend der Inthronisation alle Tänzer der Garden und Schautanzgruppen gefühlte Hundert Mal gehört: die Gardemädchen und die Tanzmariechen Marie Schmidt und Franziska Gebhardt, der Jugend-, Frauen- und Erwachsenenschautanz und die Elferräte, die ihre haarigen Beine mit viel zu kurzen Röcken bedeckten. Für sie alle stand nicht weniger als der gute Ruf der Ellinger Karnevalsgesellschaft?auf dem Spiel – und nur der zählt in der Faschingszeit.

Dabei hatten die Karnevalisten nichts zu befürchten. Zum einen sind die Öllinger für ihre professionellen Auftritte und die aufwendigen Kostüme über die Landkreisgrenzen hinweg bekannt. Und zum anderen stehen sie die kommenden Wochen unter dem Schutz des Kinderprinzenpaares Jule I. und Cedric I. sowie des Prinzenpaares Eva I. und Philipp I. Und die haben die Losung ausgerufen: «Ellinger, seid Nett-o zu einander!» Was soll da noch passieren?

Tatsächlich geschah kein (ersichtliches) Malheur bei der Inthronisation. Stattdessen wurde der eine oder andere Narr publikumswirksam überrascht. So wurde zum Beispiel der Prinz und Musiker Philipp Sand vom Auftritt seiner Deutschordenskapelle völlig überrumpelt und kurzzeitig zum Dirigieren und Tubaspielen abkommandiert.

Einer der Höhepunkte des Abends war zweifellos die Verleihung des Till-Ordens an Präsident Alexander Höhn. Der Moderator hatte den Programmablauf bis ins kleinste Detail geplant. Von seiner Ehrung mit der höchsten Auszeichnung des Fastnachtverbandes Franken wusste er allerdings nichts. Und so geschah das, was viele für unmöglich gehalten hatten: Höhn fehlten die Worte (Bericht folgt).

Höhns Gefühlsstürme legten sich erst beim Auftritt des Jugendschautanzes, die als Piraten die Bühne eroberten. Andrea Riedl, Alice Rengert und Kerstin Rengert hatten das aufwendige Stück mit den Jugendlichen eingeübt. Die Gruppe hatte im vergangenen Jahr sein Publikum als akrobatische Pinguine begeistert. Dieses Mal wagte sie sich erstmals an eine Tanzchoreografie heran – mit großem Erfolg. Für die Kostüme waren Margit Wild und Renate Wagner verantwortlich.

Gleich im Anschluss hatten die drei Büttenrednerinnen Hannah Feuchtenberger, Claudia Wagner und Jessica Morgott ihren Auftritt – beim Urlaub am Brombachsee. Im schönsten Fränkisch stichelten die drei Mädels aufeinander ein: die vernünftige Claudi, die trampelig-naive Jessy und die divenhafte Hannah. Dass in dieser Kombination ein konfliktfreier Zelturlaub nahezu unmöglich ist, war vorprogrammiert. Gut, dass Jürgen Drews und Dieter Bohlen am Strand vorbeischauten und die drei ablenkten. Für die Zuschauer gab es ironisch-witzige Lieder über die arme Sau Berta und ein Casting bei Bohlen inklusive.

Und dann war es für mich so weit: der Auftritt der Frauenschautanzgruppe. Keine Worte können beschreiben, wie aufgeregt alle waren. Vermutlich auch deswegen, weil Frauen gerne über ihre Gefühle – in diesem Fall die Nervosität – reden. Außerdem herrscht an Fasching nicht nur auf, sondern auch hinter der Bühne der Ausnahmezustand. Weil es in der Grundschule Ellingen keinen «Backstage»-Bereich gibt, verteilt sich das Chaos auf das Unter- und die zwei Obergeschosse. Hier ziehen sich Jung und Alt, Frau und Mann um. Hier verteilen Eltern Bonbons, Trainer letzte Tipps und Tänzerinnen Taschentücher. Kurz: Wer den Faschingswahnsinn wirklich kennenlernen will, muss nicht auf, sondern hinter die Bühne.

Beim Auftritt war den Hexen ihre Nervosität nicht anzumerken, was nicht zuletzt an dem fantastischen Make-up von Ursula Dormeyer lag. Hinter Hakennasen, hervorstehendem Kinn und hässlichen Falten kann nur das Böse und keine Aufregung lauern. Trainerin Milena Sand versteckte ihre gemischten Gefühle hinter viel grüner Farbe und einer Hakennase und Co-Trainerin Ines Gesso mimte die Madame Mim. Nur die vier guten Hexen und die drei Bibi-Blocksberg zeigten ihr wahres Gesicht. Kostüme: Margit Wild und Renate Wagner.

Die Hexen bildeten den Auftakt für den wie immer überragenden Auftritt der Schautanzgruppe. «Ich war noch niemals in New York» heißt das Stück zum gleichnamigen Musical von Udo Jürgens. Die Trainer Kathi Magg und Florian Stretz wirbelten mit ihrer Gruppe tanzend und singend über die Bühne. Überragend: Stretz und Rebecca Weck als Liebespaar. Die Hauptfiguren und ihre Tänzer machten – egal ob im Matrosenanzug, in alten Oma-Kleidern oder knappem Glitter-Outfit – eine gute Figur. Die aufwendigen Kostüme und Perücken haben Tina Zwanzger und Kathi Magg entworfen.

Weit nach Mitternacht folgte ein weiterer Höhepunkt des Abends: der Schautanz der Elferräte im Weltraum. «Treffen im Outer-Space» hieß das spaßige wie farbgewaltige Spektakel. Weltraum-Fans erkannten Figuren aus Flash Gordon, Captain Future, StarWars, der Raumpatrouille Orion 7, dem Raumschiff Enterprise und dem Traumschiff Surprise von Bully Herbig wieder. Vor allem der – verzeiht liebe Elferräte – Tuntentanz von Captain Kork, Mister Spuck und Ingenieur Schrotty ließ die Zuschauer vor Lachen fast von den Stühlen rutschen.

Insgesamt 140 Aktive der Öllinger KaGe schafften es, die knapp 300 Besucher in der Schulturnhalle ganze sechs Stunden lang zu unterhalten. Die Lachmuskeln konnten nur bei den Tanzrunden mit der Band «Blitzlicht» entspannt werden. Noch in den frühen Morgenstunden baumelten die Gardemädchen am blau-weißen Bändel (der diesjährige Karnevalsorden) um die Hälse der Narren, die sich an der Bar festgesessen hatten. Zu dieser Zeit lagen die «Originale» schon längst zu Hause in ihren Betten.

 

KATJA KÖLBL