Öllinger Narren regieren

ELLINGEN (mau) – Mit einem sechsstündigen Showprogramm hat die Karnevalsgesellschaft Ellingen ihr Prinzenpaar Isabella I. und Reinhard I. auf den Faschingsthron gehoben.

Bevor Walter Hasl allerdings den symbolischen Rathausschlüssel rausrückte und den beiden die Verantwortung für die Deutschordensstadt übergab, erzählte er ein paar Anekdoten aus dem Dasein als Bürgermeister in der fränkischen Provinz. Als ein Praktikant die Treppe am Rathaus von unten nach oben kehrte, wies ihn der Bürgermeister darauf hin, dass das Arbeiten in die andere Richtung sinnvoller wäre. Die Antwort: «Das geht nicht, weil doch der Kehrrichteimer oben steht!» Hasl lästerte natürlich auch über die Herkunft des Faschingsprinzen. Denn Reinhard Schwarz (so heißt das Prinzenpaar mit bürgerlichem Familiennamen) ist gebürtiger Österreicher. «Husch, husch – weg han’s», ulkte der Bürgermeister. Im Gegenzug musste er sich in der Proklamation der Faschingsregenten anhören, dass er nach Weißenburg ausgeliehen wird. Denn im Gegenzug zu Oberbürgermeister Jürgen Schröppel beherrsche Hasl das Anzapfen, ohne dabei Maßkrüge zu zerdeppern. Das könne er aber nicht unter Beweis stellen, weil es ja in Ellingen keine Kirchweih mehr gibt. Ansonsten drehte sich die Antrittsrede von Isabella I. und Reinhard I. um den Kampf von Katharina Fürstin von Wrede gegen die Blauzungenimpfpflicht für Rinder und den Umstand, dass im Ellinger Netto-Markt kein Bier aus der Deutschordensstadt verkauft wird: «Wie geschmacklos», stellten die beiden fest, um direkt hinterherzuschieben: «Manche behaupten auch genau das Gegenteil.» Sympathisch Die beiden präsentierten sich als sympathisches Paar, das auch einen Textpatzer im Begrüßungsgedicht mit Lachen und Humor vergessen machen kann. Im bürgerlichen Leben sind die 44-Jährige und der 47-Jährige übrigens seit 21 Jahren verheiratet. Sie ist Verwaltungsfachangestellte, er Datenverarbeitungskaufmann. Unterstützung haben die beiden in der närrischen Zeit von Kinderprinzenpaar Anja (Nehmeier) I. und Tim (Gagsteiger) I. aus Alesheim sowie vom Hofstaat mit Generalhofmarschall Klaus Wagner, seinem Vize Wolfgang Freyberg, Hofdame Dagmar Morgott und Till Yvonne Kahn. Weil die Inthronisation bedingt durch Proklamation und Ehrungen (Bericht folgt) ohnehin sehr wortlastig ist, beschränkten sich die Karnevalisten in der ausverkauften Ellinger Schulturnhalle auf eine einzige Bütt. Simone Feuchtenberger und Annette Sand trafen sich zum Ratschen auf dem Friedhof und breiteten dabei peinliche Erlebnisse von Ellinger Bürgern aus, die für viel Gelächter sorgten. Von Menschen, die so vergesslich sind, dass sie anderen innerhalb von vier Wochen gleich zweimal zum Geburtstag gratulieren, war die Rede. Oder von Männern, die sich über drückende neue Schuhe beklagen und erst später feststellen, dass sie das Papier nicht herausgenommen hatten. Das Hauptaugenmerk des Abends galt freilich den Tanzdarbietungen, die es alle wieder in sich hatten. Die Kindergarde sorgte mit einem fulminanten Operetten-Medley für den Auftakt. Michaela Wagner, Andrea Stretz und Anna-Lena Schmidt hatten die Mädchen, die seit ein paar Jahren von einem Jungen unterstützt werden, wieder bestens vorbereitet. Die Prinzengarde legte noch eine Schippe drauf und hüpfte in atemberaubendem Tempo synchron zu Hits von Gloria Gaynor über die Bühne. Claudia Hofmann und Marina Hitschfel hatten die Tänzerinnen trainiert. Wirbelnde Tanzmariechen Wer glaubte, diese Tanznummer sei an Geschwindigkeit und Akrobatik kaum noch zu überbieten, wurde von den Tanzmariechen Marie Schmidt und Franziska Gebhardt eines Besseren belehrt. Die beiden wirbelten über die Bühne, machten Spagate und schlugen freie Räder (ohne Hände!), dass man als Zuschauer aus dem Staunen nicht mehr herauskam. Und dabei stand der Auftritt der zwölfjährigen Marie Schmidt noch am Tag zuvor wegen starker Schmerzen auf der Kippe, wie Präsident Alex Höhn, der einmal mehr mit frechen Sprüchen durch den Abend führte, hernach erzählte. Von Beeinträchtigungen hatte von den Zuschauern sicher keiner etwas mitbekommen. Trainerinnen der Tanzmariechen sind übrigens Michaela Wagner und Nadja Großmann. Der Jugendschautanz der KaGe setzt sich in der Session 2010 mit Fantasygeschichten wie dem «Letzten Einhorn» auseinander. Die 28 Tänzerinnen und Tänzer, die Andrea Riedl, Alice Rengert, Kerstin Rengert und Nadja Großmann vorbereitet hatten, schleppten am Ende gar den nachgebauten Drachen Fuchur aus Michael Endes «Unendlicher Geschichte» auf die Bühne (den hatte Siggi Stöbich gebastelt). Das setzte den ohnehin bereits herrlich anzuschauenden Kostümen (verantwortlich: Renate Wagner und Margit Wild) die Krone auf. Der Frauenschautanz (Trainerinnen: Milena Sand und Ines Gesso) entführt heuer ins Reich der Tiere. Zu Songs wie «Die Affen rasen durch den Wald», «Eisbär» oder «Old McDonald had a Farm» boten die Elferratsfrauen ein optisches Feuerwerk. Die Kostüme hatten die Akteurinnen selbst geschneidert, wobei Renate Wagner als Koordinatorin und Hilfe fungierte. Für die Masken zeichnete Ursula Dormeyer verantwortlich. Echte Eyecatcher waren freilich auch diesmal wieder Kostüme und Perücken beim Schautanz «Hairspray». Margit Wild, Vroni Kattinger, Uschi Dormeyer und Tina Zwanzger haben sich mit ihrer Verbeugung vor dem Amerika der beginnenden 60er-Jahre wahrlich selbst übertroffen. Das Musical «Hairspray», in dem es um Diskriminierung und Rock-’n’-Roll geht, läuft erst seit Anfang Dezember in Deutschland (im Musical-Dome in Köln). Alex Gun hat eine rasante, knapp 20-minütige Fassung geschnitten, die die rund zwei Dutzend Tänzer unter Trainerin Kathi Magg perfekt auf die Bühne brachten. Den Schlusspunkt des wilden Treibens setzten in bewährter Manier die Männer des Elferrats, die sich wirklich für keine Blödheit zu schade sind. Die Trainerinnen Monika und Rebecca Weck hatten versucht, den mitunter recht schwergewichtigen Herren das Ballett nahezubringen, und sie dazu in allerhand alberne Kostüme (Margit Wild und Renate Wagner) gesteckt. Nach exakt sechs Stunden Programm verabschiedeten sich die rund 120 Aktiven. Einzig die Elferräte gaben am Ende mit allerlei Unterstützung der Zuschauer, die Alex Höhn zwangsverpflichtet hatte, eine Zugabe. Das Programm war dadurch deutlich straffer, kompakter und kurzweiliger als bei manchen KaGe-Veranstaltungen in der Vergangenheit. Die KaGe wird ihr Programm nochmals am Samstag, 16. Januar, in Weißenburg (ausverkauft), am 30. Januar in Hilpoltstein, am 6. Februar in Gunzenhausen (nur noch Restkarten) und beim Familiennachmittag am Sonntag, 7. Februar, sowie in Ausschnitten beim Seenlandfasching in Gunzenhausen am 23. Januar präsentieren

Quelle: Weißenburger Tagblatt